Auf einem unbearbeiteten, hölzernen Sockel steht ein Beamer, dem beim gegenüber stehenden Pendant eine stehend darin eingelassene, semitransparente Glasscheibe entspricht. Darauf werden in einem Rhythmus von 24 Bildern pro Sekunde verschiedene, vom Netz herunter geladene, digitale Reproduktionen des um 1596 entstandenen Stillebens mit Früchtekorb von Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571-1610) projiziert.
Marcel Scheible hat sich Caravaggios bekanntes, frühes Stilleben in der Mailänder Ambrosiana ausgesucht, weil es einerseits – entstanden an der Schwelle zwischen Hochrenaissance und Frühbarock – zu den frühesten Beispielen der Gattung des autonomen Stillebens und andererseits zu den bekanntesten Werken der westlichen Kunst zählt, weshalb die Stichwortsuche im Netz zahlreiche Treffer erzielt.
Durch die unterschiedliche Qualität der Bilder und den auf zufällige Anordnung eingestellten Rhythmus scheint die Projektion zu `ackern. Was im ersten Moment als Mangel erscheint, erweist sich auf den zweiten Blick als eine künstlerische Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Durch das Flackern entsteht nämlich der Eindruck, es werde eine Sequenz alten Filmmaterials projiziert, bei welchem – anders als bei digitalem Material – der zeitliche Verlauf über die metrische Länge des Zelluloids noch mit dem Raum identisch ist. Dieser Uktive zeitliche Ablauf bildet eine Parallele zum Motiv des ursprünglichen Bildes: ein Arrangement aus Früchten und Blättern, deren illusionistische Präsenz noch durch das Faktum gesteigert wird, dass sie Spuren des Verfalls aufweisen und ihnen so ihre Vergänglichkeit eingeschrieben ist.
Heinz Stahlhut
© Marcel Scheible | 2025 | Privacy